Foto:Th.Schumann |
Anlässlich zweier Gedenktage
Am 20.Januar jährte sich zum 75.Mal der Tag der Wannsee-Konferenz, auf der jene Verbrechen geplant und besprochen wurden, die bei der Befreiung von Auschwitz am 27. Januar 1945 zu Tage kamen.
Anlässlich dieser Gedenktage(sowie der des Reichstagsbrandes am Montag), lässt sich vieles schreiben.Ich möchte hier meine persönlichen Eindrücke vom Besuch des Holocaust-Mahnmals im letzten Jahr schildern,bei dem auch das nebenstehende Foto entstanden ist.
Das Mahnmal ist unweit des Brandenburger Tores zu finden.Direkt nebenan liegt die US-Botschaft(im Hintergrund zu sehen)
Auf einem ca. 19 000 m² großem Areal stehen 2711 Betonstelen von 0,95 m breite,2,38 Tiefe und Höhen zwischen 0,2 und 4,7m, in einer wellenförmigen Gestalt, welche von jeder Seite anders wahr genommen wird.
Unter der Anlage befindet sich die Ausstellung "Ort der Information" , unterteilt in mehrere Räume, die heißen "Raum der Dimensionen","Raum der Familien", "Raum der Namen", "Raum der Orte", sowie verschiedene Portale.
Den Auftakt bildet ein Überblick über den Nazi-Terror zwischen 1933 und 1945, dann geht es in den "Raum der Dimensionen", dessen Mittelpunkt Tagebucheintragungen, Briefe und letzte Notizen der Opfer bilden, welche während der Verfolgung entstanden.
Im Boden eingelassen, Grabplatten auf einem Friedhof gleich, liegen große Leuchtende Felder mit den oft erschütternden Texten,die Erfahrung ,Gefühle und Handeln erahnen lassen, im Angesicht von Gewalt und tödlicher Bedrohung.
Die ganze Grausamkeit der Verbrechen lässt sich ermessen, wenn man den letzten Brief eines zwölfjährigen Mädchens liest, welches weiß, das es kein Morgen mehr erleben wird,das es die Reise in den Tod antritt.
Diese persönliche Ebene wird ergänzt durch ein Laufband , das die Opferzahlen der meisten Länder in den Grenzen von 1939 anzeigt.
Von den meisten der in den Tod deportierten indes, sind keine Spuren geblieben.
15 jüdische Familienschicksale stellen im "Raum der Familien" unterschiedliche soziale,nationale, kulturelle, und religiöse Lebenswelten dar. Persönliche Dokumente und Fotos zeigen Auflösung, Verfolgung und Vernichtung dieser Familien.
Im "Raum der Namen" finden wir den dramaturgischen Höhepunkt dieser Ausstellung ,in der Verlesung von Kurzbiographien ermordeter oder verschollener Juden.
Zu jedem werden Name, Geburts-und Sterbejahr, jeweils auf alle vier Wände projeziert.
Auf diese Weise soll die kaum fassbare Zahl von 6 Millionen ermordeter Juden(und es gehören ja noch Sinti, Roma,Homosexuelle und schwer behinderte hinzu,die ebenfalls als "unwertes Leben" galten), aus der Abstraktion gelöst, die Opfer aus der Anonymität befreit werden.
Der Raum der Namen kann auch unter www.raumdernamen.com virtuell besucht werden.
Im "Raum der Orte " schließlich wird die räumliche Dimension des Jahrhundert-Verbrechens dargestellt.neben den Bekannten Plätzen wie Barby Jar und den Vernichtungslagern auch anhand weniger bekannten Tatorten.
Es ist das große Verdienst dieser Ausstellung, das sie die Opfer vor unserem geistigen Auge zum Leben erweckt, ihnen Namen, Gesicht, Lebensgeschichte, und durch ihre Zitate auch Stimme gibt.Aus nüchternen Zahlen, wie man sie in den Berichten der SS lesen konnte , werden so Menschen.
Hier nämlich liegt die ganze Bestialität dieses Verbrechens:Es war kein Amoklauf, sondern es war ein Fabrikmäßig und systematisch geplanter Massenmord, der von Beamten, normalen Menschen wie du und ich ,oft Familienväter penibel , mit deutscher Gründlichkeit und Befehlsgehorsam organisiert und durchgeführt wurde.Statistisch genau erfasst, wurden die Zahlen der Deportierten, der Ermordeten, der durch Arbeit vernichteten,und die Verwertung ihrer Kleidung ihrer Haare und ihrem Zahngold, und was man damit an Geld verdiente.
Penibel wurden die Transporte mit der Reichsbahn abgerechnet. Nicht zu vergessen die Zyklon B-Lieferungen von IG Farben.Kapitalismus auf seine perverseste Art.
Hier müssen gewisse Parallelen gezogen werden(kein Vergleich!),denn auch Heute setzen Beamte in Gesetz gegossenes Unrecht, in diesem Fall Hartz IV mit all seinen perversen Sanktionen, mit deutscher Effizienz und Befehlsgehorsam um, und es sterben dadurch Menschen.
Damals wie Heute vollstreckten und vollstrecken willfährige Angestellte und Beamte Himmelschreiendes Unrecht, welches von Politik beschlossen wurde.
Aber damals wie Heute gilt, was Berthold Brecht schrieb:"Wo Unrecht zu Recht wird, wird Widerstand zur Pflicht!"
Und das durch Hartz IV-Sanktionen, durch Lohndrückerei und Sozialabbau, sowie die Unterordnung aller Bereiche unseres Lebens unter die kapitalistische Verwertungslogik, verursachte Elend, bildet den Nährboden für die Rechten, so wie schon Anfang der Dreißiger Jahre am Ende der Weimarer Republik.
Dies sind die Parallelen,die gezogen werden müssen, um die notwendigen Lehren aus unserer dunklen Vergangenheit zu ziehen,denn auch Hitler und seine Bande fielen nicht vom Himmel oder kamen wie ein böses Schicksal über uns.
Und das Erstarken der Rechten überall zeigt ,das es jetzt mehr denn je an der Zeit ist, aufzustehen. An Stelle von Renditegier und nationalistischem Wettbewerbsfähigkeitswahn müssen humanistische Werte wie Menschlichkeit,Solidarität,Toleranz, soziale Gerechtigkeit und Frieden gesetzt werden.Charlie Chaplins Rede an die Menschheit kann hier gute Anregungen geben.
Zum Schluss passend,die Weiße Rose:
"Nichts ist eines Kulturvolkes unwürdiger, als sich ohne Widerstand von einer verantwortungslosen und dunklen Trieben ergebenen Herrscherclique „regieren“ zu lassen." Quelle:Mein Name ist MenschÄhnlichkeiten mit der heutigen Zeit sind durchaus möglich.
In diesem Sinne:Gegen das Vergessen !
Dein beeindruckender Text zur Gedenkstätte in Berlin, zu Hartz IV und die Zitate von Brecht, der Weißen Rose haben mich ge- und berührt. Ich habe dieses Mahnmal leider nie selbst besuchen können und werde es wohl auch nicht mehr besuchen können. Ich sah vor langen Jahren Dachau. Das hat mich damals, als sehr junger Mensch „umgehauen“ und sprachlos gemacht. Die wenigsten Besucher waren damals fähig, die bedrückende Unfassbarkeit des KZ's unmittelbar zu verarbeiten.
AntwortenLöschenEs wird den meisten Besuchern der Berliner Gedenkstätte ebenso gehen, soweit noch ein Funken Empathie vorhanden ist.
Das es heute immer noch und wieder ekelerregende Gestalten gibt, die diese Gedenkstätte mit ihren widerlichen Worten in Frage stellen, abqualifizieren wollen, ist für mich unerträglich.
Das es einer Strafanzeige von Bartsch/Wagenknecht bedarf, damit diese deutsche Justiz sich bewegt, obwohl sie von „Amts wegen“ bereits schon längst hätte selbst tätig werden müssen, ist bezeichnend für Deutschland, dieses Volk und seine Beamten.
Das ein gymnasialer Geschichtslehrer wegen seiner politischen Tätigkeit beurlaubt wurde, ist nichts Neues. Beamte mit politischen Mandaten wurden seit jeher durch diese Beurlaubungsregel bevorzugt.
Das er aber nach all seinen grund- und strafgesetzwidrigen öffentlichen Äußerungen von seinem Dienstherrn nicht bereits entlassen worden ist, zeigt nur, wie tief der braune Sumpf in den deutschen Behörden ist, vermutlich nie neu entstehen musste, sondern nie trocken gelegt wurde. In West und Ost.
Ich habe die Vermutung, das die Strafanzeige gegen Höcke zu nichts führen wird.
Die NPD wurde kürzlich wieder nicht verboten. Die KPD wurde es, bereits vor langer Zeit, in der Bonner Republik, ebenso wurden Lehrer die der DKP angehörten mit Berufsverbot belegt. Alles Urteile, die rechtsgerichteten Traditionen der deutschen Justiz geschuldet sind. Sie sind keine Seltenheit in Deutschland gewesen.
Hartz ist heute die Spitze von staatlichem Terror, Willkür und Unrecht.
Die Menschen sind bereits so sehr durch die parlamentarische Demokratie entmündigt worden, haben sich entmündigen lassen, haben so sehr verinnerlicht und sich daran gewöhnt, das „die da Oben“ alles richten.
Und akzeptieren mehrheitlich deshalb auch widerspruchslos, das „die da Oben“ ausschließlich nur noch GEGEN „die da Unten“ arbeiten.
Der Widerstand gegen das Recht gewordene Unrecht wird hier nicht stattfinden. Dazu ist der gedankliche Boden in Deutschland zu sandig.
Hallo Satire
AntwortenLöschenKann dir in allem zustimmen.Unheimlicher wird es, wenn man sieht , wie in Politik und Medien Führerkult wieder auflebt und Merkel zur Führerin der westlichen Welt hoch geschrieben wird.Deutsche Führungsansprüche werden wieder angemeldet, als hätten solche nicht schon zwei Weltkriege und das abscheulichste Verbrechen der Menschheitsgeschichte zur Folge gehabt.
Es scheint, als könnten wir nicht aus der Vergangenheit lernen.