Sonntag, 26. August 2018

Sonntagsserie:Der Zwerg,der aufmüpfig wurde-Teil 1

Wie hier schon einmal schrieb, betreibe ich nebenan auch ein Geschichtenblog. Dort veröffentlichte ich auch diese Politsatire,die ich von Heute an als Serie vorstellen möchte,in der es um eine Gemeinde zwischen Weser und Ems geht, die sich aus Protest gegen EU-Gängelung zum eigenen Staat erklärt, und aus der Eu austritt, was die hohe Politik,und, nach der Entdeckung einer Mineralwasserquelle auch einen schweizer Lebensmittelkonzern auf den Plan ruft.Folgt mir also jetzt nach Gülleberg...


Erstes Kapitel

In dem erzählt wird, was ein Brief alles auslösen kann

Also, wie war das noch? Wie fing das alles an? Ah, Ja, mit dem Brief. Also nicht irgendeinem Brief den Tante Frieda von Oma Meta im Nachbardorf bekommt ,nein nein (genau genommen kommen beide in dieser Geschichte gar nicht vor)

Nein, es war ein Brief aus Brüssel. Ein hochamtlicher Brief war es, und so ein Brief geht natürlich an den Bürgermeister. Welchen Bürgermeister? Oh, natürlich- den Bürgermeister von Gülleberg. Gülleberg ,ja Gülleberg ist ,also für einen Städter ein kleines Kaff irgendwo in der norddeutschen Tiefebene. Für seine Bewohner aber, ist es die idyllische Gemeinde zwischen Weser und Ems.

Und idyllisch ist sie durchaus .sie besteht aus fünf Samtgemeinden, in deren Mitte der Gülleberg liegt. Na Ja, Gülle-Erhebung  wäre vielleicht zutreffender, denn seine Höhe beträgt kaum 50 Meter. Aber auf dieser, mit einem Wäldchen, das man stolz „Staatsforst“ nennt, bewachsenen Erhebung liegt eine Burgruine. Das Wort „liegt“, darf man hierbei durchaus wörtlich nehmen. Um diese Erhebung mit der Burgruine herum liegen Felder ,Wiesen, und Weiden(Kühe, Schafe und Schweine machen einen Großteil der Bevölkerung Güllebergs aus), ach ja und die Samtgemeinden, oder Dörfer , wie man will. Das größte ist Gülleberg –Mitte . Logischer Weise steht hier das Rathaus. Ansonsten gibt es hier eine Kirche, Kaufladen, Bäckerei, Metzger, Post und ein Polizeihaus, nicht zu vergessen ,das Spritzenhaus der freiwilligen Feuerwehr ,außerdem Bauernhöfe und sogar einen Landmaschinen- und einen Viehhändler.

Und schließlich gab es auch einen kleinen Bahnhof, an dem sogar zweimal am Tag ein Zug durchkam und auch anhielt. Also alles in allem eine ganz normale Gemeinde.
Und der Bürgermeister der Gemeinde, der ein groß gewachsener kräftiger Mann von fünfzig Jahren, mit rotblondem Stoppelhaar, hoher Stirn, und einem gerötetem Gesicht, mit einer Nase war, die einer Kartoffel frappierend ähnlich sah, und Kalle Mummsen hieß, bekam nun einen Brief aus Brüssel. Einen hochamtlichen Brief, wohlgemerkt.

Mißmutig betrachtete er ihn, langte dann über seinen Schreibtisch und griff nach dem Brieföffner ,der vor seinem Tischkalender lag. Mit einem Ratsch öffnete er den Brief und las ihn. Seine Augenbrauen zogen sich zusammen und verengten sich bei jeder Zeile die er las.
„Das darf doch nicht wahr sein“, schimpfte er „Die Vergabe der Vergärungsanlage ist nichtig, weil sie gegen europäisches Recht verstößt, hätte Europa-weit ausgeschrieben werden müssen. Ts, Was geht es die denn an, wer in unserem Nest, was an wen vergibt. Wieso sollen wir denn irgendwen von Außerhalb reinholen? So was beknacktes! Als ob mein Vetter keine Ahnung davon hätte. Die anderen köcheln doch auch bloß mit Wasser.“

So brummte er noch den ganzen Nachmittag vor sich hin. Seine Sekretärin Kathrin Gerke, war das allerdings gewohnt. Ihre Gutmütigkeit und Tiefenentspanntheit lies sie aber problemlos damit klar kommen ,weil der alte Buller-Baller eben doch ein gutes Herz hatte. Sie war Einundreissig Jahre alt und in der Gemeinde geboren(erwähnte ich ,das es sogar ein kleines Krankenhaus gab?) ,und ihre ruhige, unaufgeregte Art, sowie ihre sorgfältige Arbeit und ihr Organisationsgeschick, waren ihre hervorstechensten   Eigenschaften.
Noch als er abends in den Krug ging(ja, den gab es auch noch),dachte er an diesen Brief und war in missmutiger Stimmung . Der Krug ,er hieß tatsächlich „zum Dorfkrug“, war der zentrale Treffpunkt der Gemeinde. Alle saßen abends hier, und tranken ihr Bier, oder wonach ihnen sonst war.

Hier hatte er einen Stammtisch mit Landwirt Hinnerk  Laake, der den größten Hof in der Gegend hatte und der erwähnte Vetter war ,Kaufmann Tammo Hansen, Landmaschinenhändler Hein Klinke und Alfred Furken, dem Landarzt.

„Ah, n´ Abend Kalle“, rief Jens Barge, der Wirt des Kruges. „Dann seid ihr ja vollzählig“ Mummsen nickte ihm zu und setzte sich. „Na was gibt’s neues aus dem Rathaus?“, fragte Hinnerk Laake ,fast ebenso groß wie Mummsen, aber mit großem Halbkugelbauch, und Halbglatze mit braunem Haarkranz. „Nichts allzu  Gutes“, gab der Bürgermeister zurück „Die Vergärungsanlage…,also du kannst sie nicht betrieben, oder noch nicht .Ich hab ´heute einen Brief von der EU bekommen. Sie muss Europa- weit ausgeschrieben werden.“ „Waas, das kann doch nicht sein. Was geht die denn an ,wer hier die Vergärungsanlage betreibt? Blödmänner! Reicht wohl nicht, schon vorzuschreiben ,welche Krümmung unsere Gurken haben zu müssen, oder welche Form mein Traktorsitz hat. Nur noch Vorschriften. Haben die Langeweile, das sie einer Landgemeinde bis ins kleinste vorschreiben, wie sie zu arbeiten hat?“

Die anderen nickten.
„Man kennt sich kaum noch aus“, bestätigte Tammo Hansen, der Kaufmann. Ein  blonder Mann, mittlerer Größe mit einem Schnurrbart im hageren Gesicht. „Es muss doch einfacher gehen!“
„Wenn ´s die Subventionen nicht gäbe ,müsste man aus der EU austreten “,sagte Laake. „Aber das geht doch nicht“, wandte Mummsen ein „ wir gehören doch zu Deutschland und Deutschland ist nun mal Mitglied der EU“ „Dann wende dich doch mal an unsere Abgeordneten. Ich mein´, wir haben doch einen in Berlin.“ „Du meinst Heinrich Flaken. Hab ich schon mal, aber der wiegelt ab. Fraktionszwang. Außerdem hat er ja eine große Mastanlage in der Nachbargemeinde .da profitiert er natürlich.“

Die Diskussion ging den ganzen Abend noch weiter. Bier und Korn lösten die Zungen ,und führten zu den interessantesten Lösungen für das Problem, bis hin zu einer Revolution, vorgeschlagen von Ernesto Gebhart ,ein drahtiger dunkelhaariger Mann, von 35 Jahren mit Vollbart, der mit einer Landkommune einen Biohof in der Gemeinde betrieb  Irgendwann meldete sich am Nebentisch Hilde Giess zu Wort ,eine groß gewachsene Frau von 60 Jahren, mit strengem ,grauen Haarknoten und runder Nickelbrille, ihres Zeichens Schuldirektorin und örtliche Historikerin.

„Meines Wissens gehören wir nicht zu Deutschland, sondern sind ein unabhängiges Fürstentum. Ich meine, es gibt in unserem Archiv eine Urkunde aus dem Siebzehnten Jahrhundert, die das bestätigt.“
„Ist das Wahr?“ ,rief Laake „Ja, sicher“, sagte Hilde, ich werde gleich Morgen früh nachschauen.“
„Dann“, sagte Mummsen feierlich ,wenn das so ist, werden wir ein unabhängiger Staat, und treten aus der EU aus. Ich berufe Morgen gleich eine außerordentliche Gemeinderatssitzung ein, und gründen die Republik Fürstentum Gülleberg!“ 

Alle stimmten zu ,und so wurde aus Frust und Bierlaune heraus ein neuer Staat geboren...

Fortsetzung folgt

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