Freitag, 1. Mai 2015

Zum 1.Mai: Gedanken zum Zustand unserer Arbeitswelt und der Gewerkschaften


Niemandem, der mit offenen Augen durch die Welt geht, dürfte es entgangen sein, das sich unsere Gesellschaft in einem fortgeschrittenem Stadium der völligen Ökonomisierung befindet. Möglichst alles hat sich den Interessen der Wirtschaft unter zu ordnen, und möglichst jeder Mensch hat mit seiner Arbeitskraft der Wirtschaft zur Verfügung zu stehen. Wer nicht arbeitet, wird seit Einführung der Agenda 2010 halbwegs zum Schmarotzer, zum „Volksschädling“, erklärt, und  mit vom Hartz IV-Sanktions-Apparat schikaniert, gedemütigt und  zermürbt, damit er jede Dreckarbeit zu jedem Hungerlohn annimmt. Ob er davon leben kann, interessiert nicht. Nein, es geht darum, das jemand, der nicht arbeitet, unrentabel ist, wirtschaftlich nicht nützlich ist. Also muss er sich notfalls ausbeuten lassen, oder er bleibt auf der Strecke, wird aus der Gesellschaft ausgegrenzt.

 Dabei müssten diejenigen, die gern von Freiheit reden, wie unser „Bundes-Selbstdarsteller“ Gauck, der ja das Wort Freiheit bei jedem zweiten Satz im Mund hat, mal darüber nachdenken, ob Freiheit nicht auch die Freiheit bedeutet, eine arbeit ablehnen zu können, wenn Bedingungen und Entlohnung nicht passen, oder einfach keiner Lohnarbeit nachgehen zu können. Es geht hierbei gar nicht darum, die Lohnarbeit abzulehnen oder abzuschaffen, sondern lediglich gegen die Unart, Lohnarbeit zu einer art moralischen Pflicht, und jene, die nicht arbeiten wollen oder können zu kriminalisieren und auszugrenzen. Nebenbei: Ich gehe selber einer Lohnarbeit nach , und durchaus gern. Aber es gibt ja auch Leute, die da eine andere Einstellung haben, und diese Lebenseinstellung zu akzeptieren gehört zu einer demokratischen und humanen, freien Gesellschaft.

Den Zustand unserer Arbeitswelt kann daran erkennen, das heute immer mehr Menschen zwei ,drei oder mehr Jobs machen müssen, um über die runden zu kommen. Was ist das für eine Gesellschaft, in der das Leben einiger  nur noch aus Arbeit besteht? Normaler Weise müsste ein Job reichen, um den Lebensunterhalt zu bestreiten und ein Familienleben zu ermöglichen.

Minijobs , Leiharbeit ,sachgrundlose Befristung von Jobs bestimmen heute das Arbeitsleben, weil flexible Arbeitsmärkte ja soo toll sind. Dabei zeigen Studien, das sie in Wirklichkeit Job-Killer sind. Das ist eigentlich auch logisch, denn ,wo es nur noch um das wahnhafte Kosten-Senken um jeden Preis, um möglichst schnell, möglichst hohe Renditen geht, kann das Ziel der Flexibilisierung von Arbeitsmärkten nicht die Schaffung von Arbeitsplätzen sein.

Zusätzlich greift auch das Union- Busting, d. h., die systematische Bekämpfung von Gewerkschaften und Betriebsräten in Deutschland um sich, denn betriebliche Mitbestimmung ist ein Kostenfaktor, und mit der Gutsherren- Art lässt sich eben mehr Profit machen.

Neuer DGB-Chef Hoffmann: eine Bilanz      

Am letzten 1.Mai hatte ich mich mit dem Führungswechsel an der DGB-Spitze und dem neuen DGB-Chef Reiner Hoffmann beschäftigt. Nach einem Jahr nun, fällt die Bilanz eher ernüchternd aus. Hoffmann scheint mir eher ein SPD-Parteisoldat zu sein. Er trägt die Agenda 2010 mit, obwohl sie das größte Gewerkschafts-Bekämpfungsprogramm der Nachkriegsgeschichte ist, und er befürwortet das Gesetz zur Tarifeinheit, obwohl es Türöffner auch zur Beschneidung des Streikrechtes der DGB-Gewerkschaften ist. Es dürfte besonders peinlich für Hoffmann sein, wenn demnächst dieses Gesetz vom BVfG kassiert wird, und die Verfassungsrichter das Streikrecht mehr schützen ,als die DGB-Spitze.
Daneben machte Hoffmann beim Dividi et impera- Spiel mit ,und betrieb Stimmungmache gegen die GDL.

Deutschland einig Streikland?
Und damit sind wir beim Thema Streiks und bei der Hetze gegen die GDL und ihren vorsitzenden Weselski. Was da im letzten Jahr medial passierte, und heute wieder passiert, ist mit Volksverhetzung noch milde umschrieben. Sicher, man muss weder Weselski, noch die GDL mögen, aber die Nennung seiner Adresse ,verbunden mit der Aufforderung, ihm doch mal die Meinung zu sagen, ist im Prinzip nichts Anderes, als die Anstiftung und Beihilfe zum Stalking.


Für deutsche Medien und Politik ist ein Gewerkschaftschef, der tatsächlich die Interessen seiner Mitglieder vertritt offensichtlich so befremdlich, wie eine griechische Regierung, die ihre Wahlversprechen doch tatsächlich einlösen will. Umso größer wird die Panik bei den Meinungsmachern angesichts der Tatsache, das einige DGB-Gewerkschaften sich an der GDL ein Beispiel zu nehmen scheinen, wie bei Kitas  und Post. Da muss doch ein Exempel statuiert werden.

Und darum auch das Gesetz zur Tarifeinheit, das de facto die Spartengewerkschaften entmachten und so vernichten soll. Doch es ist auch ein Türöffner zur weiteren Entmachtung der DGB-Gewerkschaften, denn es ist doch logisch , das die Wirtschaftsbosse keine kampfstarken Gewerkschaften haben wollen, und somit auch vor den DGB-Gewerkschaften nicht Halt machen.

Vor dem Hintergrund der aktuellen Streiks werden nun Forderungen nach einer weiteren  Verschärfung des Streikrechtes laut, namentlich von der Jungen Union, aus der ja auch schon die Forderung kam, älteren Menschen , bestimmte Operationen nicht mehr über die Krankenkasse zu bezahlen, weil sich aufgrund der kurzen Restlebenszeit nicht mehr rechnen, und der das Tarifeinheitsgesetz von Nahles nicht weit genug geht.

Es kann einen nur Abscheu befallen vor solchen jungen Schnöseln, denen man im BWL-Studium wohl den Marktfundamentalismus Dermaßen ins Hirn geschissen hat, das sie zu vernünftigem Denken nicht mehr in der Lage sind, die das Wort Arbeit mit Sicherheit nicht mal buchstabieren können weil sie entweder noch im Hotel Mama wohnen oder vom Steuerzahler(Bafög, Abgeordnetendiäten)leben, aber gleichzeitig auf jene treten ,die im Gegensatz zu ihnen Leistung für die Gesellschaft erbringen, und mit ihren Steuern ihre Kita, Schulbildung und Studium mit finanzieren. aber wenn so jemand mal in der Gosse liegt ,hätte ich kein Problem damit, mit meinen Steuern Sozialleistungen für diese Personen mit zu bezahlen, damit sie ein menschenwürdiges Leben führen können, das unterscheidet mich von solchen Figuren. Noch dazu übersehen sie entscheidende Fakten, wie,z.B. das Deutschland mit das restriktivste Streikrecht aller Industriestaaten hat, sowie mit die wenigsten Streiktage pro Jahr im internationalen Vergleich.

Die Arbeit der Zukunft  

Die Gestaltung der Arbeit der Zukunft ist das Thema der heutigen 1.Mai-Kundgebungen. Die Gewerkschaften wollen die Arbeit der Zukunft  gestalten. Reiner Hoffmann hat in seiner Rede entscheidende Punkte genannt , die für gute Arbeit bekämpft werden müssen, wie die Deregulierung der Leiharbeit, die sachgrundlose Befristung von Arbeitsverhältnissen, die die
de facto Abschaffung des Kündigungsschutzes ist, bei der es ja nicht darum geht kündigen zu können , sondern keine Abfindungen zahlen zu müssen, und damit Zurückdrängung des Niedriglohn-Sektors. Er vergisst aber Hartz IV und Agenda 2010, die durch die damit verbundene Erpressbarkeit der Arbeitnehmer eine entscheidende Schwächung der Kampfkraft der Gewerkschaften bedeutet.

Und er vergisst, wem wir das in erster Linie verdanken, nämlich der SPD, die zusammen mit den Grünen die Arbeitnehmerrechte soweit geschliffen hat, wie es sich Kohl in Sechzehn Jahren nicht traute, auch wenn CDU, CSU und FDP es mitgetragen haben. Aber er gehört ja selber der SPD an.

Das ist wohl auch die einzige Erklärung für die Nibelungen-Treue des DGB zu einem „Partner“, der einen mit dem einen Arm umarmt, während er ihm mit der anderen Hand einen Dolch in den Rücken stößt, wie jetzt eben auch mit dem Tarifeinheitsgesetz, oder der Verschärfung der Hartz- Gesetze, die Nahles nun plant, und mit der nun auch Behinderte und Rentner ,die Hartz IV beziehen gezwungen werden solle, sich ausbeuten zu lassen.
Wollen die Gewerkschaften gute arbeit für die Zukunft gestalten , so müssen sie

-sich aus der Partnerschaft mit der SPD lösen
-Dem Tarifeinheitsgesetz eine absage erteilen.
-Agenda 2010 und Hartz IV bekämpfen, schon aus eigenem Interesse
-Mehr Arbeitskämpfe führen, um kräftige Lohnerhöhungen zu erzwingen. Das wäre auch eine Solidarität mit den Kollegen in anderen Ländern, weil das leichte Minus an Wettbewerbsfähigkeit, der Wirtschaft in anderen europäischen Ländern  helfen würde , und  nicht zuletzt, weil so auch die Nachfrage nach Billig-Produkten niedriger würde, was die Ausbeutung in Entwicklungsländern mildern würde. Kräftige Lohnerhöhungen, und bessere Sozialleistungen ,sind auch darum wichtig, weil die Bekämpfung der Armut eine der wichtigsten Waffen im Kampf gegen Rechts ist.
-Gegenöffentlichkeit betreiben gegen den Wettbewerbsfähigkeitswahn und den ideologischen Wahn von der schwarzen Null, was sie teilweise auch schon tun.
-Sparten-Gewerkschaften nicht bekämpfen, sondern den Schulterschluss mit ihnen suchen(selbstverständlich gehören dazu immer zwei)

Es gibt also viel zu tun für die Gewerkschaften, bei einigen, fürchte ich, das sie nicht angegangen werden, solange SPD-Mitglieder in Spitzenpositionen sind .Ich habe den Eindruck, das die wirklichen Sozialdemokraten die SPD in Richtung Linke verlassen haben. Leider, aber vielleicht irre ich mich ja auch.
    


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