Samstag, 15. Oktober 2016

Gedanken zur Lohnarbeit

Bei Klaus Baum fand ich diesen lesenswerten Artikel ,der den des kritischen Komilitonen ergänzt. In beiden geht es um das Thema Lohnarbeit, und beiden stimme ich weitgehend zu. Nur der Forderung"Nieder mit der Lohnarbeit", stimme ich nicht ganz zu, auch wenn ich damit Kritik auf mich ziehe.

Ich würde eher sagen:"Nieder mit dem Zwang zur Lohnarbeit." Heute wird uns stets eingebläut, das man nur dann ein Mitglied der Gesellschaft ist, wenn man einer Lohnarbeit nachgeht.Wer es nicht tut, weil er oder sie nicht will oder kann, ist ein Mensch zweiter Klasse,ist ein ausgestoßener, ein Schmarotzer.Das Bankenrettung und üppige Steuergeschenke für besser-und best verdienende die Gesellschaft im Jahr mehr kosten, als alle Hartz IV-Empfänger zusammen, interessiert da nicht.

Dieser gesellschaftliche Zwang zur Lohnarbeit ist das Problem.Die Lohnarbeit ist zum Fetisch, zum Götzen geworden, und Hartz IV die Folterkammer für jene, die ihn nicht anbeten.Die Befürworter dieses perversen Systems reden gerne von Freiheit,besonders am 3.Oktober,doch ist nicht Freiheit auch die Freiheit eine Lohnarbeit ablehnen zu können, sei´s ,weil die Bedingungen zu schlecht sind, oder weil man nicht arbeiten möchte? Ein ketzerischer Gedanke in heutiger Zeit, sicher, aber Nachdenkenswert.

Nun will ich die Lohnarbeit nicht verdammen.Es gibt schließlich viele Menschen die in ihr auch Erfüllung finden ,und ihren Job gern tun, und auch ich hätte sicher nicht mehr als 25 Jahre durchgehalten, wenn mein Job nur schlimm wäre ,und ich mich jeden Tag hin zwingen müsste.

Was ich damit sagen möchte, ist ,das in einer liberalen Gesellschaft, es den Menschen freistehen  sollte, ab sie einer Lohnarbeit nachgehen wollen oder nicht.Diese Art der Freiheit hätte auch den positiven Effekt, das sie die unternehmen in einen Wettbewerb um die höchsten Löhne und die besten Arbeitsbedingungen zwingen würde, um sich die Dienste der fähigsten Fachkräfte zu sichern, statt wie jetzt im faschistischen Hartz-Zwangssystem ,die Menschen zu erpressen, jede Drecksarbeit zu jedem Hungerlohn anzunehmen.

Überdies ist der Zwang zur Lohnarbeit auch anachronistisch, da Automatisierung und Digitalisiserung menschliche Arbeit zunehmend unnötig machen,und die Lohnarbeit somit über kurz oder lang zum Auslaufmodell wird. Das Ideal der Vollbeschäftigung ist somit ebenfalls unrealistisch.Die Abschaffung des gesellschaftlichen Zwanges zur Lohnarbeit, und der Ersatz von Hartz IV durch eine Sanktions-und Bedingunglose  Grundsicherung, die ein menschenwürdiges Leben ermöglicht(nicht zuletzt auch ein Grundrecht), ist somit nichts anderes ,als die Zeichen der Zeit zu deuten.

8 Kommentare:

  1. Teil I:
    Zeit heilt alle Wunden.

    Vor allem ist Zeit ein Garant für das Vergessen (bei Älteren) und ein Garant für nicht Wissen (bei Jüngeren).

    HARTZ IV war die logische (deutsche) Konsequenz auf die Akzeptanz des neoliberalen Dogmas durch die politischen Parteien in Deutschland. Einer der Grundsätze ist: "Privat geht vor Staat".

    Ein Slogan, den fast kein Wähler damals verstanden hatte und auch heute größtenteils immer noch nicht kapiert hat. Die meisten setzten das mit "Steuersenkungen" für sich selbst gleich. Und warten immer noch!

    Was tatsächlich gemeint ist und welche Konsequenzen die Umsetzung für das alltägliche Leben sich daraus zwingend ergeben mussten, ist selbst heute den wenigsten Leuten klar geworden.

    Die fragile und auch damals nur in Teilen vorhandene "Solidargemeinschaft" von vor 1998 wurde einseitig aufgekündigt.
    Durch die Vermögenden, die Besitzenden, die daran schon nach dem "Mauerfall" bastelten.
    Vollstreckt wurde die Kündigung durch gesellschaftliche Emporkömmlinge wie Schröder, Fischer, Trittin, Clement, Müntefering, Steinmeier, Riester u.v.a.m.

    Den bereits rollenden Ball dankbar aufgenommen haben dann, ab 2005, wieder die CxU-Versager unter neuer Führung, die vom Kapital ursprünglich als Vollstrecker vorgesehen waren. Aber Herr Kohl wollte wohl nicht. Sein Einheitskanzler-Denkmal war ihm vielleicht wichtiger.

    Der Deal zwischen Politik und Kapital war und ist einfach: Die Politik setzt die Vorgaben, Ideen und die im Sinne der neoliberalen Doktrin erforderlichen Maßnahmen (TTIP, CETA, EPA, Steuersenkungen, Niedriglohnsektor, Bankenderegulierungen, Arbeitsrecht schleifen, Totalüberwachung, etc. sind solche Maßnahmen) durch, dafür kann sie sonst machen, was sie will, als notwendig erachtet.

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  2. Teil II
    Durch die fehlenden, die absichtlich herbeigeführten Senkungen bei den Steuereinnahmen wurde der komplette Sozialabau, also Hartz IV, das Verramschen originär staatlicher Aufgaben wie Infrastruktur, Bildung usw. notwendig. Ausverkauf staatlicher Dienstleistungen und Kürzung der notwendig gewordenen Sozialausgaben, durch die beschworenen "leeren Kassen" waren die logischen Folgen des Paktes.

    Das Kapital hatte und hat seine Denkfabriken das Programm ausfeilen und ständig verbessern (im Sinne des Kapitals) lassen. Damit nichts schief geht. Denn man hat auch geschichtsbewußte Denker bezahlt, die die Folgen eines unbeaufsichtigten, immer größer werdenen sozialen Verfalls, einer gesellschaftlichen Entsolidarisierung und ansteigender Arbeitsosigkeit in Betracht ziehen wollen. Die erklärten den Verfall der Weimarer Republik, Zusammenhänge zwischen Arbeitslosigkeit, Hoffnungslosigkeit und dem Aufstieg extremer politischer Richtungen. Andere, weniger intelligente, dafür um so rücksichtsloser denkende und handelnde Typen (Controller, Unternehmensberater) erfanden die Sanktionen und den Zwang zu jeder, als "Arbeit" etikettierten Tätigkeit, Beschäftigung.
    Das Bundesverfassungsgericht hielt und hält sich weiterhin, weisungsgemäß, raus.

    "Nieder mit der Lohnarbeit" erscheint mir eine hilflose und plakative Maximalforderung zu sein.

    Der Abriß des neoliberalen Staates, die Verpflichtung aller Bürger zu Solidarität, was mit weitaus höheren Steuerzahlungen von Vermögenden anfängt, der Zwang zum Beitritt aller Berufsgruppen in die staatlichen Sozialsysteme wäre dazu der richtige erste Schritt. Die Schließung von steuerlichen Flucht- und Minderungsmöglichkeiten gehört dazu.

    Ein neues Arbeitsrecht, das diesen Namen wieder verdient. EU-Arbeitnehmerfreizügigkeit im Sinne der Konzerne wird ausgesetzt, so etwas könnte bei genügender Sturheit die jetzige EU sprengen, und den EUGH direkt mit.

    Die Abschaffung von Leih- und Zeitarbeit, bzw. eine radikale Entkernung, Neufassung der bestehenden "Gesetze" wäre ein weiter Schritt.

    Die konsequente hohe Besteuerung von computerisierten Arbeitsmaschinen, Robotern, vollautomatisierten Arbeitsabläufen.

    Ich weiß, das geht alles nicht! Aber, wer HARTZ IV implementieren kann, zum Nachteil von Millionen Menschen, der kann auch den anderen Weg beschreiten.

    Er/Sie darf es aber nicht, und die Bürger wollen anscheinend auch nicht.

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  3. Moin Satire

    Danke für deine ausführlichen Einschätzungen, die ich teile.

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  4. Guten tag zusammen,

    nieder mit der lohnarbeit ist mitnichten eine »plakative maximalforderung«. Das hat mit dem einstigen slogan der APPD »arbeit ist scheiße«, der nun wirklich plakativ war, nichts zu tun. Es geht auch keineswegs darum, berufliche betätigung und erfüllung in frage zu stellen.

    Es geht um die art und weise, wie in unserem tollen wirtschaftssystem die arbeit organisiert ist: um leben zu können muß man die arbeitskraft verkaufen, damit ein anderer ein geschäft draus machen kann. Und andere arbeiten, die zwar nützlich aber nicht gewinnbringend sind, finden am ende nicht oder nur unzureichend statt. Oder eben auch wieder unter zwang durch 1€jobber oder so.

    Denkt Ihr nicht, daß man die gesellschaftlich notwendige arbeit auch anders organisieren könnte?

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    1. Hallo Frau Mühlstein,
      zu ihrer abschließenden Frage:

      Das denke ich schon. Es wäre auch möglich. Und absolut notwendig!
      Natürlich nicht mit und durch diese neoliberal besessene und finanzierte Politik und deren Protagonisten.
      Dazu habe ich die meines Erachtens notwendigen Maßnahmen teilweise angesprochen.

      Aber bitte, verstehen Sie, das ich mit dem Slogan nichts anfangen kann.

      Er ist mir persönlich zu leicht völlig falsch zu verstehen. Und er wird es auch von den allermeisten Bürgern.

      Und würde/wird durch die neoliberalen Szene in öffentlichen Diskussionen gnadenlos benutzt/genutzt und der Mehrheit des glaubenden Volkes als "gefährlicher anarchischer Unsinn" untergejubelt.

      Damit tut sich niemand von "uns", also die Gegner von Neoliberal, die öffentlich Stellung beziehen, einen Gefallen.
      Aber auch das ist nur meine persönliche Ansicht und ich will nicht missionieren.

      Weder hier beim Doc, noch in meinem Blog.

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    2. Moin Mechthild

      "Denkt Ihr nicht, daß man die gesellschaftlich notwendige arbeit auch anders organisieren könnte?"

      Doch, natürlich könnte man das.Mein Ansatz, den Zwang zur Lohnarbeit zu beseitigen ,wäre ja nur der erste Schritt.Dazu gehören auch Dinge wie Streichung von 1€-Jobs,Ersatz von Hartz IV durch Bedingungs-und sanktionslose Grundsicherung, wie Oben beschrieben. Sowie die öffentliche Daseinsvorsorge komplett in öffentliche Hand ,und Organisation dieser Dienstleistung,und der damit verbundenen Arbeit nicht mehr nach Betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten, sondern am Gemeinwohl orientiert.Diese Tätigkeiten müssen gemeinnützig sein, und nicht wirtschaftlich.

      L.G.,der Doctor

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    3. Moinsen,

      Den begriff »missionieren« halte ich in politischen diskussionen für fehl am platz, weil der eher in die welt der religion gehört. Da kann man nur glauben oder nicht. In der politik sollte man besser nicht glauben, auch keine guten argumente. Die sollte man auf plausibilität überprüfen und nur übernehmen, sofern man sie einleuchtend findet.

      Als gegner sehe ich nicht den bösen neoliberalismus, der aus heiterem himmel über die menschheit gekommen wäre, sondern den kapitalismus an sich, der nach einer kurzen ausnahmephase wieder normal wird. Daß es den arbeitern in Westdeutschland für einige jahre relativ gut ging, lag an der sondersituation nach dem Zweiten Weltkrieg, aber in den 70er jahren herrschte dort nach der zeit des kapitalistischen aufschwungs leider auch nicht glück und zufriedenheit sondern krise: nach den aufbaujahren waren die meisten menschen einigermaßen versorgt und bei sinkender bzw. stagnierender nachfrage kann kapitalistisches wachstum eben nicht durch steigenden absatz generiert werden sondern beispielsweise durch rationalisierung oder sinkende sozialausgaben.

      Mit »anarchie« hat die forderung nach dem ende der lohnarbeit nichts zu tun. Sie geht auf einen vortrag zurück, den Karl Marx im sommer 1865 in London hielt. Das kann man nachlesen in »Lohn, Preis, Profit«. Darin befaßt er sich mit mehrwerttheorie, also wie kapitalistischer gewinn überhaupt zustande kommt. Er befürwortet darin durchaus auch den gewerkschaftlichen kampf für die verbesserungen der lebensbedingungen, begründet aber, daß es damit allein nicht getan ist und kommt dabei zu folgendem schluß:

      »Sie [die arbeiterklasse] sollte nicht vergessen, daß sie gegen Wirkungen kämpft, nicht aber gegen die Ursachen dieser Wirkungen; daß sie zwar die Abwärtsbewegung verlangsamt, nicht aber ihre Richtung ändert; daß sie Palliativmittel anwendet, die das Übel nicht kurieren [...]. Statt des konservativen Mottos: »Ein gerechter Tagelohn für ein gerechtes Tagewerk!«, sollte sie auf ihr Banner die revolutionäre Losung schreiben: »Nieder mit dem Lohnsystem!«

      Mit den »wirkungen«, gegen die gekämpft wird, meint er den kampf für bessere löhne und soziale absicherung und den »ursachen« den kapitalismus in all seiner schönheit. Denn solange die produktionsmittel nicht allgemeineigentum sondern eigentum einiger weniger sind, wird es immer darauf hinauslaufen, daß sich die arbeitsbedingungen dem gewinn unterordnen müssen.

      Natürlich wäre es für den augenblick richtig, wenn z.b. der zwang für arbeitslose abgeschafft werden würde. Das eigentliche problem, daß nicht jeder, der das möchte, eine arbeit bekommt mit der man anständig leben kann, ist damit allerdings noch lange nicht aus der welt. Und deshalb bin ich für die abschaffung des lohnsystems.

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    4. Moin Mechthild


      Ich stimme dir zu,und wie ich schon schrieb:die Abschaffung des Zwangs zur Lohnarbeit kann in der Tat nur ein erster schritt sein, zumal es in der tat sehr viel weniger Arbeitsplätze als Arbeitslose gibt.Daher ist auch das Gerede von Vollbeschäftigung irrational.aber ich denke ,unser Lohnarbeitssystem wird zunehmend zum Auslaufmodell. Dieses ganze Turbokapitalistische Wirtschaftssystem ist gerade dabei, sich zu zerlegen.
      Schönen zweiten Advent
      der Doctor

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